Eintauchen – beten und mehr...

Thema: Nichts ohne meinem Terminkalender

Ruhige Musik zum Ankommen: Shalimar

Lied: Zeit für Ruhe, Zeit für Stille


I

Herzlich willkommen zu unserem 2.Gottesdienst in der Reihe „Eintauchen, beten und mehr...“ Ich freue mich über den Zuspruch, den diese Gottesdienstform in unserer Gemeinde gefunden hat. Er möchte vor allem Berufstätige ansprechen, zum Nachdenken bringen, einen ruhigen Tagesausklang mitten in einer Arbeitswoche ermöglichen. Die Themen der Gottesdienstreihe sind vor allem Themen, die mit dem Berufsleben zusammenhängen. Das letzte Mal war es das Thema „Erschöpfung“. Das heutige Thema ist: „Nichts ohne meinen Terminkalender!“

Terminkalender gibt es heute in unzähligen Varianten. Große, dicke, denen man schon von weitem die Wichtigkeit ansieht und die scheinbar immer noch zu klein sind, um die geballte Fülle von Terminen in sich aufzunehmen.

Kleine, elegante in schönem Lederetui mit einem ausgeklügeltem Raster von Monatsplanung, Tagesplanung, Gewichtungsfaktoren, zu führenden Telefonaten, mit Sparten „sofort zu erledigen“ oder „hat Zeit“. Für die richtige Handhabe gibt es eigene Kurse.

Technikliebhabern ist das alles zu altmodisch. Da braucht es den „Palm“, der alles elektronisch speichert, der mich sogar eine Viertel Stunde vorher durch Piepsen an den nächsten Termin erinnert. Und zur Sicherung wird Tag für Tag dieser Palm mit dem Hauscomputer abgeglichen.

Und in wie vielen Häusern füllen auf den Wandkalendern Notizen in verschiedenen Farben wer was in dieser Woche zu bedenken und zu erledigen hat.

Nichts ohne meinem Terminkalender. Bis zum 25. Lebensjahr besaß und brauchte ich keinen. Heute ist sogar ein Finderlohn auf meinem Terminkalender ausgesetzt. Ohne ihn bin ich fast handlungsohnmächtig. Manchmal frage ich mich. Ticken wir noch recht?

- Ein großer Wecker fängt zu ticken an -

II

L1:
Erinnerst du dich noch – vor einem Monat?
Er blätterte in seinem Terminkalender und fragte: Um welche Zeit?
Sie stand auf und ging weg. Nein, Teil seines Terminkalenders wollte sie nicht sein.

-kurze Stille-

Sie durfte einen Blick in den Terminkalender werfen. Ja, da stand es schwarz auf weiß: Freitag, 16.00 Uhr Besuch bei Oma.
Also bis Freitag, sagte sie, und hob lächelnd zum Abschied die Hand.

-kurze Stille-

Gerade hatte er seine Termine gecheckt. Ein gutes Gefühl, so gefragt zu sein –
Und außerdem eine Entschuldigung für die Flucht vor den Problemen, unmittelbar vor der eigenen Haustür.

-kurze Stille-


III

Kaum einer von uns kommt heute ohne Terminplanern aus: Berufstätige, Schüler, Familienmütter, Pensionierte und ehrenamtlich Tätige. In irgendeiner Form können wir uns in den Beispielen wieder finden, die uns jetzt vorgestellt werden:

(Verschiedene Personen aus der Gemeinde Stellen einen Tagesplan oder Wochenplan vor)

Antje Müller: Ich bin Stationsschwester...

Patrizia Schreck: Ich bin Schülerin

Josef Eberhorn: Ich bin Verwaltungsfachmann bei der AOK

Susanne Birkholz-Niedermeyer: Ich bin Gemeindeassistentin und Mutter

Anna Düring: Ich bin Oma, Pensionistin ...


Ja, unsere Terminkalender. Es macht nachdenklich, was der Südseehäuptling Papalagi schon vor vielen Jahrzehnten über die Weißen gesagt hat:

L2:

Der Weiße liebt vor allem auch das, was sich nicht greifen lässt und das doch da ist – die Zeit. Er macht viel Wesens und alberne Rederei darum. Obwohl nie mehr davon vorhanden ist, als zwischen Sonnenaufgang und -untergang hineingeht, ist es ihm doch nie genug. Er ist immer unzufrieden mit seiner Zeit ... Es gibt Weiße, die behauten, sie hätten nie Zeit. Sie laufen kopflos umher, wie vom Teufel Besessene, und wohin sie kommen, machen sie Unheil und Schrecken, weil sie ihre Zeit verloren haben. Diese Besessenheit ist ein schrecklicher Zustand, eine Krankheit, die kein Medizinmann heilen kann, die viele Menschen ansteckt und ins Elend bringt ... Der Weiße hat die Zeit nicht erkannt, er versteht sie nicht, und darum misshandelt er sie mit seinen rohen Sitten ... Ein jeder von uns hat die gleiche Menge Zeit; aber wir sind auch mit ihr zufrieden, wir brauchen nicht mehr Zeit, als wir haben, und haben doch Zeit genug. Wir wissen, dass wir immer noch früh genug zu unserem Ziele kommen und dass uns der große Geist nach seinem Willen abberuft, auch wenn wir die Zahl unserer Monde nicht wissen. Wir müssen den armen, verirrten Weißen vom Wahn befreien, müssen ihm seine Zeit wiedergeben. Wir müssen ihm seine Zeit wiedergeben. Wir müssen ihm seine kleine, runde Zeitmaschine (damit meint er die Armbanduhr) zerschlagen und ihm verkünden, dass von Sonnenaufgang bis -untergang viel mehr Zeit da ist, als ein Mensch gebrauchen kann.“

Die tickende Uhr wird angehalten – Stille -

Lied: Zeit für Ruhe, Zeit für Stille


IV

Gebet

L3:

Gott, wir stehen am Ende eines Tages, der seine Freuden und schönen Augenblicke hatte, der auch vollgepackt war mit Pflichten und Aufgaben. Der uns gefordert und beansprucht hat. Oft spüren wir auch den Druck, in einer bestimmten Zeit unsere Aufgaben zu erledigen. Am Ende dieses Tages kommen wir zu dir mit allem Erledigten und Unerledigtem. Bewusst hören wir wieder auf Worte unseres heiligen Buches. Lass uns in die Botschaft der Worte hineinhören, lass uns die Bedeutung für uns heraushören, und lass uns ihre Botschaft für unseren Lebensalltag erwägen.

- Der Tropfbrunnen wird angeschaltet -


Schriftworte

Bibelstelle 1 vorlesen und hinlegen – Kerze im Raum entzünden

Du, Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir zurückfordern (Lk 12,20)

Bibelstelle 2 vorlesen und hinlegen – Kerze im Raum entzünden

Alles, was auf der Erde geschieht, hat seine von Gott bestimmte Zeit. (Koh 3,1)

Bibelstelle 3 vorlesen und hinlegen – Kerze im Raum entzünden

Rasch geht das Leben vorbei. Wir fliegen dahin. Unsere Tage zu zählen, lehre uns, dann gewinnen wir ein weises Herz (Ps 90)

Bibelstelle 4 vorlesen und hinlegen – Kerze im Raum entzünden

Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sein Leben einbüßt? (Mk 8,38)

Bibelstelle 5 vorlesen und hinlegen – Kerze im Raum entzünden

Kauft die Zeit aus! (Eph 5,16)

Bibelstelle 6 vorlesen und hinlegen – Kerze im Raum entzünden

Und es wurde Morgen und es wurde Abend. Der sechste Tag. (Gen 1,31)

- Stille –

Ich lade euch nun wieder ein, ein Wort, das in euch besonders hineingetropft ist und euch in eurer Lebenssituation besonders angesprochen hat, an euch zu nehmen und bei stiller Musik im Raum umherzugehen und immer wieder dabei den Satz zu lesen. Wenn die Musik verklungen ist, bitte ich, euch mit dem gewählten Spruch wieder in den Kreis zu setzen.

Die Gottesdienstteilnehmer wählen ein Schriftwort aus und gehen bei Musik im Raum umher

CD Shalimar


Austauschrunde: Welches Wort hat mich besonders angesprochen. Was sagt es mir in meiner Situation?

V

Fragen an mich:
Keiner von uns kann aus seinen Terminen herausspringen. Jeder steht in einem gewissen Zugzwang. Trotzdem müssen Fragen wie diese erlaubt sein.

Steht mein Tun unter einem Diktat, unter einem „Muss“ oder unter einem „Datum“, was vom Lateinischen her einfach Geschenk heißt, geschenkte Zeit, um etwas tun zu dürfen?

Ist mein Tag nur angefüllte Zeit oder auch erfüllte Zeit?

Bin ich Herr meines Terminkalenders oder Knecht des Terminkalenders?

Nehme ich mir bewusst Zeit für Menschen und Dinge, die mir wichtig sind und mir gut tun
Gibt es heilige Zeiten für mich?

VI

Gemeinsames Gebet

Herr meiner Stunden und meiner Jahre,
du hast mit viel Zeit gegeben.
Sie lieg hinter mir,
und sie liegt vor mir.
Sie war mein und wird mein.
Und ich habe sie von dir.
Ich danke dir für jeden Schlag der Uhr
und für jeden Morgen, den ich sehe.

Ich bitte dich nicht, mir mehr Zeit zu geben,
Ich bitte dich aber um viel Gelassenheit,
jede Stunde zu füllen.

Ich bitte dich, dass ich ein wenig dieser Zeit
freihalten darf von Befehl und Pflicht,
ein wenig für Stille,
ein wenig für das Spiel,
Ich bitte dich um Zeit für die Menschen in meinem Leben
Und um Zeit für mich.

Ich bitte dich um Sorgfalt,
dass ich meine Zeit nicht töte,
nicht vertreibe, nicht verderbe.
Jede Stund ist ein Streifen Land.
Ich möchte ihn aufreißen mit dem Pflug.
Ich möchte Liebe hineinwerfen,
Gedanken und Gespräche,
damit Frucht wächst.
Segne meine Zeit. Amen



Ein Monat
31 Tage
744 Stunden
44 640 Minuten
2 678 400Sekunden

So viel Zeit!

Lied: Meine Zeit steht in deinen Händen...

Segen

CD Shalimar


Pfarrer Stefan Mai

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