Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat

Predigt zum Christkönigsfest 2006

Während meiner Kaplanszeit in Aschaffenburg erzählte mir mein damaliger Chef Peter Pretscher öfter Erlebnisse aus der Kriegszeit, in der er als Sanitäter an der Front eingesetzt war. Lebenseinschneidende Ereignisse, z. B. wie er beim Versuch, einen verletzten Kameraden aus der Schusszone zu schleppen, seinen Daumen verlor und der Schuss seinen Freund tödlich traf. Wie er nie glaubte, aus diesem Schuss- und Bombenhagel lebend herauszukommen. Er erzählte, wie er ganz elend in Gelbfieber-Trance im Lazarett lag und bis heute noch die Stimme der resoluten Krankenschwester hört: „Friss oder stirb!“, was ihm das Leben gerettet hat. Besonders ist mir aber das Erlebnis in Erinnerung geblieben, das Peter Pretscher in einer französischen Dorfkirche hatte. Die deutschen Truppen waren 1940 in Frankreich auf dem Vormarsch. Während seine Kompanie in einem kleinen Dorf Pause machte, ging er in die Dorfkirche. Der französische Pfarrer erteilte gerade seinen Kindern Kommunionunterricht. Wie er den deutschen Soldaten in die Kirche eintreten sah, unterbrach er seine Kommunionstunde. Er ließ die Kinder an den Altarstufen sich aufstellen und begann mit ihnen leise ein lateinisches Lied zu singen:

- Orgel intoniert:Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat – Kantor singt: „Christus vincit…“ -

Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat – Christus siegt, Christus regiert, Christus herrscht. Und mein alter Chef meinte: Mit diesem Lied wollte mir der Dorfpfarrer einen Denkzettel verpassen. Für ihn war ich ein Repräsentant eines Unrechtregimes und er wollte mir mit diesem Lied leise, aber glasklar bewusst machen: Unrecht wird auf Dauer nicht als Sieger hervorgehen und über Recht triumphieren. Und er fügte hinzu: „Schade, dass mein französischer Kollege nicht wissen konnte, dass ich genauso dachte wie er.“

Christkönig feiern heißt: Daran glauben, dass Güte und Liebe eine Macht ist, die Menschenherzen verändert, auch wenn es oft so scheint, dass der Härtere, der Ausgefuchste die Oberhand behält und echte Menschlichkeit zwar gut gemeint ist, aber dann doch den kürzeren zieht.

- Orgel spielt dezent:Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat –

Christkönig feiern heißt: Daran glauben, dass Verzeihen eine größere Lebensmacht ist als es dem anderen heimzahlen, dass es nicht einfach Schwäche, mangelnder Kampfesmut ist, sondern das Vertrauen, dass der andere durch das Signal „ich trag es dir nicht nach“, nicht noch dreister und frecher wird, sondern zum Nachdenken kommt.

- Orgel spielt dezent: Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat -

Christkönig feiern heißt: Daran glauben, dass Natürlichkeit nachhaltiger ist als sich größer und wichtiger geben als man ist. Dass Echtheit auf Dauer mehr überzeugt, dass gespielte Schau und Freundlichkeit als Taktik entlarvt werden, dass wahrhaftiges Einstehen für Dinge und Werte auch heute noch mehr überzeugt als billiges Schielen auf Weiterkommen, egal wie.

- Orgel spielt dezent: Christus vincit, Christus regnat, Christus imperat -

In diesem Sinn Christkönig feiern, bedeutet das heutige Fest nicht, Kirchentriumphalismus zelebrieren, in diesem Sinn Christkönig feiern, bedeutet: an die Macht des Guten, des Schönen und des Wahren zu glauben.


Pfarrer Stefan Mai

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