Maximilian Kolbe, ein „Stehaufmännchen“

Predigt auf der Polenfahrt in der Kapelle von Niepokalanow (Kloster des hl. Maximilian Kolbe)

Als Kind liebte ich die Stehaufmännchen. Sie wissen schon jene Männchen, unten kugelförmig und schwer, dann nach oben spitz zulaufend. Du konntest sie mit dem Kopf zu Boden drücken. Wurden sie los gelassen, sofort standen sie wieder auf und pendelten sich wieder ins rechte Lot.
Vielleicht kennen Sie auch das große Altargemälde von Thomas Lange auf der Salzburg in Bad Neustadt, unweit des Rhönklinikums. Da liegt ein Mensch am Boden. In mehreren Phasen stellt der Maler dar, wie er langsam wieder hochkommt und am Ende sogar befreit tanzt. Ein Hoffnungsbild für die Reha- und Krankenhauspatienten, die diese Kapelle besuchen. Ein Bild, das verdeutlicht, was für einen Niedergestreckten aufstehen, ja was Auferstehung bedeutet.
Maximilian Kolbe war ein solches Stehaufmännchen. Er war erst 24 Jahre alt, hoffnungsvoller Doktor der Theologie, willensstark, kampfeslustig und arbeitswütig.
Als Student in Rom gründete er die „Militia Immaculatae“, die „Kampfestruppe der Unbefleckten“. Die religiöse Gleichgültigkeit Italiens erschreckte ihn, und noch mehr die antikirchlichen Parolen der Freimaurer, die im Jahr 1917 in einem Protestzug gegen den Vatikan marschierten. Die ganze Welt wollte Maximilian Kolbe zu Christus zurückführen, er nutzte jede Gelegenheit im Bus oder auf der Straße, um Menschen für Gott zu gewinnen und legte einen wahren Bekehrenseifer an den Tag. Mit Hilfe der Immaculata Menschen für Gott gewinnen, das empfand er als seinen Auftrag. „Lasst uns bereit sein, zu leiden und zu arbeiten“, schrieb er an seinen Bruder, „wir können uns nach dem Tod ausruhen!“

Doch dann dieser Schlag. Er wurde schwerkrank, eine Lungenhälfte arbeitete nicht mehr. Er musste sich schonen. Schon in Rom hatte er Blut gespuckt. Und jetzt nach seiner Rückkehr nach Polen warf es diesem jungen, energiegeladenen, arbeitswilligen und ideenreichen Menschen auf ein schweres Krankenlager. „Sie müssen sich schonen“, meinte der Arzt, „dann können Sie vielleicht noch ein paar Jahre leben“. Zwei Jahre musste Maximilian Kolbe eine Regenerationsphase im bekannten Luftkurort Zakopane, in den Karpaten, in der Nähe von Krakau, verbringen.
Doch Maximilian Kolbe war ein Stehaufmännchen. Besessen von seiner Idee, die Welt für Christus gewinnen, begann er mit dem Aufbau einer Druckerei in Grodno, einem abgelegenen Winkel Polens, gründete 1927 das Kloster Niepokalanow und baute professionell dieses Kloster zu einer Druckereizentrale und zu einem Mittelpunkt für die Verbreitung seiner apostolischen Zeitschriften aus. Im Jahr 1930 fuhr er nach Nagasaki, um in Japan eine zweites Niepokalanow zu bauen und die asiatische Welt für Christus zu erobern. Im Jahr 1935 musst er gesundheitlich am Boden wieder zurück: „Ich kann nicht mehr. Schau ich bin nur noch ein Scherbenhaufen“, so soll er zu seiner Immaculata gesagt haben. Wie geht ein solcher Typ wie Maximilian Kolbe damit um? Er war nie ein Mann der Gefühlsduselei. Sein eiserner Wille und eine unbeugsame Zähigkeit ließen Wehleidigkeit nicht zu. Aber in welcher Haltung sollte er diese Niederschläge bestehen?
Pater .Maximilian ließ seine Uhr und seine Brille in die Kapelle tragen und zu Füßen der Mutter Gottes-Statue hinlegen: „Die Brille bedeuten meine Augen, meine Gedanken, meine ganze Arbeit; die Uhr bedeutet die Zeit, die mir noch übrig bleibt. Das alles gehört dir. Mach du damit was du willst“, soll er gebetet haben. In einem späteren Brief schreibt er: „Die Immaculata nahm die elenden Scherben, um damit Gott zu verherrlichen. Sie versuchte mit einem struppigen, alten Besen ein Meisterwerk zu malen. Der Besen bin ich, die Mutter Gottes ist der Maler.“

Was also war das Geheimnis des Stehaufmännchens Maximilian Kolbe?
Sicherlich sein eiserner Wille. Aber auch der Glaube an die Kraft der Schwachheit, die Überzeugung, es gibt eine größere Kraft als die meine. Und die Lebenseinsicht: Handle so, als käme es auf dich allein an, aber sei dir zugleich bewusst, auf dich kommt es nicht an. Und wisse, wer an einen Sinn glaubt, erträgt fast jedes Wie!


Pfarrer Stefan Mai

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