Auf Wanderschaft

Predigt zum 11. Sonntag im Jahreskreis - zugleich Kirchweihsonntag in St. Maximilian Kolbe – (Lesung: 2 Kor 5,6-10)

Bei aller Euphorie der Deutschen für ihre Fußballnationalmannschaft –Fußballweltmeister sind wir noch lange nicht! Aber in einem sind die Deutschen schon lange die Nr. 1: Sie sind Reise- und Urlaubsweltmeister. Kaum ein Volk hat so viel Urlaub wie die Deutschen und kaum ein Volk kann es sich leisten, in alle Herren Länder zu reisen. Die Deutschen beherzigen, wovon die Dichter der Deutschen Romantik geträumt haben und was in Volksliedern besungen wird: „Mich brennt’s in meinen Reiseschuh’n ...“ – heute besser durch heiße Autoreifen zu ersetzen - oder „Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt....“
Das ganze Volksliedschaffen der Romantik wird durchzogen vom Gedanken „Leben auf Wanderschaft“, von der Spannung von Heimat und Fremde. Das Wandern, das Unterwegssein ein Bild für die Lebensreise. Aber im Grunde lebt die idealistische Lebenswanderschaft von der Hoffnung auf die Heimat, auf das endgültige Zuhause.

Heimat und Fremde, auswandern und heimkehren, davon spricht auch der Apostel Paulus in der heutigen Lesung aus dem 2. Korintherbrief. Man hat den Eindruck, er schreibt seine Briefzeilen fast aus der Stimmung heraus, die unser bekanntes Kirchenlied so schön einfängt:
„Wir sind nur Gast auf Erden
und wandern ohne Ruh
mit mancherlei Beschwerden
der ewigen Heimat zu...“

Ob uns die Gedanken des Paulus behagen oder nicht. Aus seinen Zeilen spricht die große Sehnsucht und Hoffnung, endlich einmal endgültig bei Christus daheim zu sein.

Liebe Pfarrgemeinde! Seit 18 Jahren feiern wir in unserer Pfarrei in einem Gotteshaus unsere Gottesdienste, das die Form eines großes Zeltes hat und somit an das Zeltheiligtum des Volkes Israel während der langen Wüstenwanderung erinnert. Jedes Mal, wenn wir unser Gotteshaus betreten, hält es uns eine stille Predigt: Auf deiner Lebensreise möchte ich in dir den Gedanken an die ewige Heimat wach halten. Ich möchte in dir immer die Sehnsucht aufflackern lassen, dass es mehr geben muss, als das, was dich gerade beschäftigt. Halte Ausschau nach dem, wovon du eigentlich lebst. Verlier nie aus dem Blick, was unsere weitere Beheimatung ist: Im Geheimnis Gott einmal daheim zu sein.
Vielleicht hören wir auf diesem Hintergrund die Worte der Kirchweihpräfation einmal wieder aufmerksamer und bewusster. In ihr heißt es: „Zu deiner Ehre wurde dieses Haus errichtet in dem du die pilgernde Kirche versammelst, um ihr darin ein Bild deiner Gegenwart zu zeigen und ihr die Gnade deiner Gemeinschaft zu schenken..... Hier lenkst du unseren Blick auf das himmlische Jerusalem und gibst uns die Hoffnung, dort deinen Frieden zu schauen.“


Pfarrer Stefan Mai

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