Ein besonderes Tattoo – oder die Kunst der Erinnerung

Predigt zum Weißen Montag 2006 (Lesung 2 Tim 1,6-8.13f; Evangelium: Joh 15,1-8)

In der Klatschspalte der Volkszeitung mit Neuigkeiten aus der Prominentenwelt stand am 15. Mai folgende Notiz: „Victoria Beckham hat sich für Ehemann David Beckham eine neue Tätowierung machen lassen. Auf der Innenseite ihres linken Handgelenks steht in römischen Ziffern das Datum 8. Mai. Das Tattoo soll an den Tag im Jahr 1997 erinnern, an dem die Sängerin und der Fußballer ihre erste gemeinsame Nacht verbrachten. Heute hat das Paar drei Kinder.“

Ich weiß nicht, warum Viktoria Beckham dies in die Öffentlichkeit hat dringen lassen. Vielleicht um alle Spekulationen über Affären und Turbulenzen in der Ehe des weltbekannten Stürmerstars Lügen zu strafen. Vielleicht auch, um sich selbst und ihrem Mann dieses besondere Gefühl der ersten Liebe in Erinnerung zu rufen. Vielleicht wollte sie mit dem Tattoo zum Ausdruck zu bringen: Dieser 8. Mai ist mir unter die Haut gegangen und hat bis heute unauslöschliche Spuren hinterlassen. Vielleicht wollte sie durch die Stelle am linken Handgelenk, wo der Herzschlag gemessen wird, ohne viele Worte ins Bild bringen: David, mein Herz schlägt auch heute noch für dich wie damals an diesem 8.Mai.
Ja, die erste Liebe ist etwas ganz Besonderes, ist Menschen unvergesslich. Aber sie bewahren, das ist nicht leicht!

„Freundschaft will gepflegt sein“. Unter diesem Thema haben wir gestern den Tag eurer Erstkommunion gefeiert. Bis heute ist dieser Tag für viele Kinder und Familien ein besonderer Tag. Ein Tag großer Gefühle. Auch ein Tag, an dem mancher von euch eine besondere Beziehung zu Jesus spürte. Wie aber diese Beziehung zu Jesus in Erinnerung bewahren, die ja im Empfang der heiligen Kommunion zum Ausdruck kommt: „Jesus, ich hab dich gern. Jesus, ich möchte mit dir verbunden bleiben. Jesus, aus der Kraft des Glaubens möchte ich leben“?
Ich glaube kaum, dass einer von euch auf die Idee kommt, heute ins Tätowierungsstudio zu gehen und sich auf das linke Handgelenk das Datum des Erstkommuniontages, den 21. Mai, eingravieren zu lassen, um diese besonderen Tag nicht zu vergessen. Das braucht ihr auch nicht. Die beste Art, sich an diesen Tag zu erinnern und die Freundschaft mit Jesus zu pflegen ist ganz einfach:


1. Sonntag für Sonntag wiederholen, was ihr gestern gefeiert habt und was wir heute auch wieder tun.
2. Auf die Worte Jesu im Evangelium hören und über sie nachdenken.
3. Im Gebet mit ihm sprechen.
4. Die Beziehung zu Jesus im Kommunionempfang pflegen.

Das sind vier Tattoos, die ein Leben lang an den Erstkommuniontag erinnern können. Was regelmäßig gepflegt wird, das geht in Fleisch und Blut über, das wird zur Lebenshaltung und bewahrt vor dem Vergessen. Das wünsche ich euch von Herzen. Und Jesus verspricht: „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht.“ Das heißt: Die Beziehung zu ihm hilft, das Leben gut zu gestalten und wirkt sich ins Leben aus. Und das erfahren bis heute viele Menschen.


Pfarrer Stefan Mai

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