Du bist die Herrlichkeit Gottes

4. Rorate - 08.12.2005 (Mariä Empfängnis)

In einer persönlichen Krise seines Lebens zog sich der bekannte amerikanische Pastoraltheologe Henri Nouwen für einige Monate in ein Trappistenkloster zurück. Zu Beginn der langen Schweigezeit, in der er in sich hinein horchen und über seinen zukünftigen Weg nachdenken wollte, bat er den Abt um ein Meditationswort.

Der Abt sagte: „Nimm dies Wort als Wegbegleitung 'Ich bin die Herrlichkeit Gottes'!“. Und er fügte erklärend hinzu: „Sie sind der Ort, den Gott sich zur Wohnung erwählt hat, und das geistliche Leben besteht in nicht mehr und nicht weniger als in dem Versuch, Gott den Raum zu schaffen, in welchem sich seine Herrlichkeit offenbaren kann.“

Ich bin die Herrlichkeit Gottes, ein Ort, an dem Gott seine Güte, seine Größe, seine Nähe aufleuchten lassen kann.

Vielleicht steckt in mir etwas Größeres, als ich mir bisher zutraute? Vielleicht bin ich zu ängstlich und kleinkariert? Vielleicht bin ich zu bescheiden erzogen? Vielleicht habe ich zu sehr Angst zu versagen.

Nimm dies Wort als Wegbegleitung:
„Ich bin die Herrlichkeit Gottes“

Ich bin mir sicher: Das einfache jüdische Mädchen Maria brauchte lange, um zu verstehen, dass sie ein Raum war, in dem Gott seine Herrlichkeit zum Ausdruck und zur Ausstrahlung bringen wollte. Ich denke diese Überzeugung:
Von Anfang an wollte Gott in diesem einfachen Mädchen seine Herrlichkeit auf- und durchstrahlen lassen - ist der eigentliche Inhalt des heutigen Festes von der sogenannten, aber missverständlichen „Unbefleckten Empfängnis Mariens“.

„Ich bin die Herrlichkeit Gottes“
Das ist ein gutes Wort, das auch ich mir manches Mal vorsagen sollte, vielleicht besonders dann, wenn ich mir klein und gering vorkomme.


Pfarrer Stefan Mai

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