Begrüßungsworte zur Pfarreinführung von Stefan Redelberger in Maria Hilf

Heute früh wurde in den Gottesdiensten das Evangelium von der Einladung zum Hochzeitsmahl vorgelesen. Auf der einen Seite die großzügige Einladung – auf der anderen Seite lassen die Eingeladenen die ausgeschickten Diener des Königs mit ihrer Einladung abblitzen, ja kommen ihnen sogar krumm und behandeln sie grob. Selbst der König kann seinen Frust nicht verhehlen und reagiert auf die zurückgewiesene Einladung heftigst.

Der Einladung zu deiner Einführung, Stefan, sind heute viele gefolgt, aus Interesse an deiner Person und sicherlich auch aus einer Portion Neugier heraus. Schön, ein so volles Haus. Schön, so viele erwartungsvolle Gesichter. Schön, diesen Tag mit so vielen Menschen feiern zu können. Schön, das Gefühl zu haben: Ich gehöre zu einer großen Gemeinschaft, die vom Glauben an Gott und der Zugehörigkeit zur Kirche getragen wird.

Aber wir wissen: Solche Tage, an denen Menschen so zahlreich einer Einladung folgen, die die Kirche ausspricht, bleiben im Seelsorgealltag eher die Ausnahme. Stefan, du wirst viele Einladungen aussprechen – und du wirst auch viele Körbe bekommen. Du wirst es oft gut meinen – und doch nicht auf das erhoffte Echo stoßen. Du wirst vieles bewegen wollen – und dir doch eingestehen müssen: Es spricht nur wenige an.

Ich behaupte: Für viele Priester ist nicht in erster Linie das Zölibat der Auslöser für das Gefühl der Einsamkeit, sondern die Erkenntnis: Ich stehe mit meinen Ideen, meinen Träumen, meiner Vorstellung von einer christlichen Gemeinde oft allein. Nur wenige teilen mit mir, was mir wichtig ist.
Für mich gehört es deshalb zu einem ganz wichtigen Punkt der Spiritualität des heutigen Priesters, zu lernen: Wie kann ich damit umgehen, wenn ausgesprochene Einladungen nicht auf den erhofften Widerhall stoßen?
So mancher fängt dann an, über die „böse Welt“ zu schimpfen, wird zu einem missmutigen Grantlhuber und vergiftet dadurch die Atmosphäre um sich herum. So mancher sucht dann nur bei sich die Schuld und zweifelt an sich selbst und seinen Fähigkeiten. So mancher wird angesichts seiner scheinbaren Erfolglosigkeit depressiv oder zu einem scheuen Reh, das sich völlig von den Menschen zurückzieht. So mancher denkt: Was soll´s, ob ich mich reinhänge oder nicht, ist eh egal – und wird inaktiv, hat keine Lust, keine Ideen und keinen Schwung mehr. Wir wissen, das alles sind Sackgassen. Aber was hilft?

Aus meiner Erfahrung gibt es zur Bewältigung dieser geistlichen Herausforderung der scheinbaren Erfolglosigkeit nur zwei Wege:

Erstens, den Weg in die Tiefe gehen, nicht den Weg in die Breite einschlagen. Nicht an allen Stricken und Strippen ziehen, nicht ein grandioses pastoral breit gefächertes Feuerwerk zünden und Tausende von Versuchsballons starten. Sondern ganz bewusst Ideen einbringen, die mich selbst nicht loslassen, die in mir gären, die tiefe Wurzeln in mir haben. Nur was mich selbst bewegt, wird auch andere bewegen. Nur was mir selbst hilft, kann ich anderen als Hilfestellung im Glauben anbieten. Der Weg in die Tiefe heißt für mich: Mut zur persönlichen Echtheit. Menschen wollen spüren, was mein Herz bewegt und höher schlagen lässt. Menschen von heute wünschen sich Seelsorger mit einem persönlichen Profil, nicht den religiösen Tausendsassa oder gar einen coolen Routinier.
Eine zweite Hilfe für mich ist die Einsicht: Seelsorge kann nicht die Menge vor Augen haben. Seelsorge beginnt dort, wo ich die Person in der Menge suche. Ich denke, Stefan, du hast gerade in diesem Punkt in der Krankenhausseelsorge wichtige Erfahrungen gemacht, die dir in der Pfarrseelsorge von großem Nutzen sein werden. Wo ich den Schmerz und die Fragen, die Sehnsüchte und Hoffnungen, die Freuden und Sorgen von Mensche wahrnehme, da gewinnen Gesichter für mich Konturen. Da wächst für mich als Seelsorger Vertrautheit und auch ein Stück Heimat.

Lieber Stefan! Ich freue mich mit allen, die heute der Einladung gefolgt sind, über deine Einführung als Pfarrer von Maria Hilf. Ich bin überzeugt: Du passt zu uns in Schweinfurt.
Ich wünsche dir, dass du an der neuen Stelle in der jetzt noch konturlosen Menge bald Personen und Gesichter entdeckst. Und ich wünsche der Gemeinde von Maria Hilf, dass sie dein echtes Gesicht kennen und schätzen lernen wird.


Pfarrer Stefan Mai

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