Bußgottesdienst Advent

Viele Wege gehst du nicht freiwillig

Lied: 948/1+2

Einleitung

Im Advent ist in der Liturgie viel von Wegen die Rede.
„Bereitet den Weg!“, dieser Ruf ist in den adventlichen Lesungen bei Jesaja und von Johannes dem Täufer zu hören. „Bereitet die Wege, bereitet die Bahn“ mit diesen Worten beginnt eine berühmte Adventskantate von Johannes Sebastian Bach.
Der Advent selbst ist ein Weg auf Weihnachten hin. Viele Menschen gestalten ihn ganz bewusst. In vielen Kirchen werden Adventswege in den Kirchgängen gelegt und mit Symbolen verziert. Und wie viele Wege legen Menschen im Advent zurück, bis sie alle Vorbereitungen auf das Weihnachtsfest abgeschlossen haben.

Lied: 948/3


Jeden Tag bist du unterwegs
Von daheim zur Schule
Von daheim zum Arbeitsplatz
Der Weg in die Stadt
Der Weg ins Geschäft
Der Weg zum Arzt
Der Weg zum Nachbarn
Der Weg zu Freunden
Der Weg zu den alten Eltern
Der Weg zu den Kindern und Enkeln

Du kennst Wege, die du gerne gehst
Wege, die leicht fallen
Wege, die geradeaus verlaufen
Wege, die sehr anstrengend sind
Wege, die du hasst
Wege, die dir liegen
Wege, die du mit anderen gehst
Wege, die du alleine gehen musst
Wege, die schnell zum Ziel führen
Wege, die abkürzen
Wege, die in die Irre gehen

Es gibt Königswege, steinige Wege, Umwege
Auswege, Irrwege, Zuwege, Pilgerwege
Holzwege, Kreuzwege, Höhenwege, Seitenwege

Das ganze Leben bist du unterwegs.
Deshalb sprechen wir auch vom „Lebensweg“.

Gebet

Herr unser Gott, du hast uns in diese Welt gerufen
und uns auf den Weg des Lebens gestellt.
Zeige uns den Weg durch diese vergängliche Welt
und lehre uns, die Welt im Licht deiner Weisheit zu sehen.
Darum bitten wir durch Christus, unsern Herrn.

Evangelium Lk 2,1-7

Lied: GL 947/1-3

Besinnung



In Herrschaftspose sitzt der römische Kaiser auf seinem Thron. Zu seinen Füßen die Hofschreiber. Sie schreiben den Befehl des Kaisers auf: Alle Menschen des römischen Reiches müssen sich in die Steuerlisten eintragen lassen. Und alle Diener springen. Feierlich überreichen die Schreiber dem Kaiser die Erlasse, die dann durch Boten in alle Teile des römischen Reiches gebracht werden sollen. Wie ein Heiligtum empfangen Herolde die kaiserlichen Anordnungen. Sie nehmen sie nicht mit bloßen Händen entgegen sondern in einem samtenen Tuch. Und schon sieht man die Herolde mit den als Schriftrolle verpackten Erlass aus der Stadt hinauseilen in alle Winkel des Reiches.
Darunter werden die Konsequenzen dargestellt. Josef muss sich auf den Weg von Nazaret nach Bethlehem machen, in seine Geburtsstadt, und sich dort in die kaiserlichen Steuerlisten eintragen lassen. Seine hochschwangere Maria sitzt auf dem Esel und scheint zu fragen: „Warum denn gerade jetzt diese Anstrengung so kurz vor der Geburt des Kindes?“ Josef mit seinem Wanderstab und dem Ränzel auf den Schultern wendet sich zu Maria und deutet mit seinem Finger nach oben: „Ich möchte diesen Weg auch nicht gehen, aber der da oben zwingt uns dazu. Uns bleibt keine andere Wahl als diesen Weg, der uns nicht passt, zu gehen. Ich gehe nicht freiwillig diesen Weg. Er ist uns aufgezwungen worden.“

Viele Wege geht man nicht freiwillig
Den Weg ins Krankenhaus
Den Weg in eine Beziehungskrise
Den Weg in eine berufliche Krise
Den Weg vom eigenen Haus in die Pflegestation
Den Weg der beruflichen Veränderung, der große Turbulenzen für die Kinder bringt
Den Weg in die Depression
Den Weg des Abschiednehmens
Den Weg der Trauer

Besinnungsfragen:

Welche Wege muss ich zur Zeit gehen, die ich mir nicht ausgesucht habe, die mir schwer fallen?

Ist es der Weg zur Arbeit, Angst vor Druck, Angst, den ständigen Ansprüchen und Veränderungen nicht mehr gewachsen zu sein? Wie soll ich das noch zehn Jahre durchhalten?

Ist es der Weg zu Menschen, denen ich am liebsten aus dem Weg gehen würde, aber denen ich nicht ausweichen kann? Wie soll ich mich ihnen gegenüber verhalten, ihnen gegenüber ehrlich bleiben, aber trotzdem vernünftig mit ihnen umgehen?

Ist es der Weg des körperlichen und geistigen Abbaus, den ich mit zunehmenden Alter immer mehr spüre, obwohl ich mich innerlich dagegen stemme? Ist es die quälende Frage: Wie soll mein Weg weitergehen? Noch einmal einen Neuanfang bei meinen Kindern versuchen und auf deren Hilfestellung hoffen – oder alleine bleiben und den Weg ins Seniorenheim antreten?

Ist es der Weg einer großen Ohnmacht? Wie gerne würde ich mit meiner Tochter nach Wegen suchen, damit sie einen Arbeitsplatz findet, aber scheinbar sind alle Wege verschlossen. Wie gerne würde ich mit meinem Sohn nach Wegen suchen, damit er in seinem jungen Leben mehr Lebensenergie gewinnt.

Ist es der Weg des Glaubens, der mir einmal leicht gefallen ist, der mir Freude und Anregungen für mein Leben gab, inzwischen aber so ungeheuer beschwerlich geworden ist, der mir nur Überwindung und Kraft kostet, aber keine Kraft mehr zu geben scheint?

Ist es der Weg der Trauer um den Verlust eines Menschen, der eine wichtige Rolle in meinem Leben gespielt hat und der einen schweren Schatten auf meinen Lebensweg wirft. Wie soll mein Lebensweg jetzt in Zukunft aussehen? Wie soll ich ihn weitergehen?

Wie damit umgehen? Wie soll ich die Wege gehen, die ich mir nicht ausgesucht habe, die ich nicht freiwillig gehe?

Meditatives Orgelspiel

Schauen wir noch einmal auf die mittelalterliche Buchmalerei. Josef hebt seinen Finger nach oben, so als wollte er sagen: Der ist schuld, der zwingt uns zu diesem Weg. Könnte aber sein ausgestreckter Finger nicht noch eine andere Bedeutung haben? Vielleicht die Bedeutung: Wenn ich Wege gehen muss, die ich nicht mag, dann wende dich nach oben und vertrau darauf: Es gibt noch einen da oben, der uns nicht allein lässt, der wird schon Mittel und Wege wissen, wie ich diese Wege bestehen kann.
Der Beter des Psalms 121 wird von einer großen Zuversicht getragen:

Psalm 121: GL 752

Und Paul Gerhardt möchte Menschen folgendes in die Herzen singen:

Lied: GL 888/1-4 („Befiehl du deine Wege …“)

Gebet

Herr unser Gott, du kennst die Wege unseres Lebens. Dir vertrauen wir heute besonders die Wege an, die wir uns nicht ausgesucht haben und die uns schwer fallen. Wir legen die Wege vor dich hin, auf denen wir uns ohnmächtig fühlen und die uns viel Kraft kosten. Und wir bitten dich: Schau voll Erbarmen auf die Wege unseres Lebens, auf denen wir uns in die falsche Richtung begeben haben und auf denen wir umkehren möchten. Und so bekennen wir gemeinsam unsere Schuld:

Schuldbekenntnis

Ich bekenne ...

Vergebungsbitte

Der Herr erbarme sich unser, er vergebe uns unsere Schuld und führe uns auf den Weg des Lebens. Amen

Lied: GL 111/1+3+4

Fürbitten

Herr, wir bitten dich um dein Weggeleit für die Wege unseres Lebens

V/A: Geh mit uns auf unserm Weg...

Für die Wege, die uns Freude bereiten A: Geh mit uns...
Für die Wege, die wir uns nicht ausgesucht haben
Für die Wege der Schuld und des Versagens
Für die Wege der Ohnmacht

Vater unser

Segenswunsch

Vertraut den neuen Wegen, auf die der Herr uns weist,
weil Leben heißt: sich regen, weil Leben wandern heißt.
Seit leuchtend Gottes Bogen am hohen Himmel stand,
sind Menschen ausgezogen in das gelobte Land.

Vertraut den neuen Wegen und wandert in die Zeit!
Gott will, dass ihr ein Segen für seine Erde seid.
Der uns in frühen Zeiten das Leben eingehaucht,
der wird uns dahin leiten, wo er uns will und braucht.

Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land.
Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit.
Die Tore stehen offen. Das Land ist hell und weit.

(Klaus Peter Hertzsch)

Segen

Lied: Gl 295/3

Auszug: Orgel


Pfarrer Stefan Mai

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