Geld stinkt nicht

Ansprache zur Einweihung des Finanzamtes Schweinfurt (Schrifttext: Lk 3,10-14)

Staatseinkünfte durch Steuern zu vermehren ist keine Erfindung unserer Zeit. Da waren schon die Staatsmänner der Antike recht einfallsreich. Der römische Schriftsteller Sueton berichtet, dass Kaiser Vespasian auf die Idee kam, den Staatssäckel durch eine Pissoirsteuer aufzufüllen. Seinem Sohn Titus ging diese Steuer auf die öffentlichen Bedürfnisanstalten zu weit und er hielt seinem Vater Geldgeiertum vor. Da nahm Vespasian das Geld aus der ersten Zahlung der Steuer, hielt es seinem Sohn unter die Nase und fragte, ob er am Geruch des Geldes Anstoß nehme. Titus verneinte das. Vespasian lachte: „Pecunia non olet – Geld stinkt nicht. Und doch kommt es vom Urin“, war sein Kommentar.
Titus als ein Anwalt für die vielen Menschen, die bis heute das Gefühl nicht los werden, das Finanzamt zieht einem mit allen möglichen und unmöglichen Gründen das Geld aus der Tasche.
Andererseits gibt es die Gegenbewegung, so geschickt wie möglich, Geld am Fiskus vorbei zu schleusen. Fast täglich stehen davon die Zeitungen voll. „Ein Geschäft wird erst dann zum Geschäft, wenn man dem Finanzamt nachweisen kann, dass es kein Geschäft war“ – diesen Spruch las ich erst vor wenigen Tagen.

Und das Finanzamt und seine Beamten stehen meinem laienhaften Verstand nach irgendwo zwischen den Mühlsteinen. Das Finanzamt als Schnittstelle zwischen Politik und Wirtschaft, beziehungsweise Öffentlichkeitsinteresse und Privatinteresse. Das Finanzamt hat die schwierige Aufgabe, einsichtig zu machen: Mir wird nicht sauer verdientes Geld aus der Tasche gestohlen, sondern: Was mir von meinem Verdienten genommen wird, das wird am Ende zu meinem und zum Wohl und Diensten anderer eingesetzt und sozialverträglich umgeschichtet. Das Finanzamt als Chance, in der Öffentlichkeit klar zu machen, dass hinter dem Verfahren des Finanzamtes und hinter ihm der Finanzpolitik ein klares Konzept erkennbar wird und nicht ein willkürlicher Hü- und Hot-Kurs steht, heute dies, morgen das. Das Finanzamt als Chance, wenn als Ethos seines Tuns die sozialverträgliche Gerechtigkeit transparent gemacht werden kann.

Die Institution Finanzamt wäre eine Ausgleichsstelle sozialer Ungerechtigkeit, wenn das Vorgehen der Finanzämter mit den einzelnen Bürgern deutlich zeigt: Es ist eben nicht so, dass diejenigen, die die besseren Berater, klügeren Rechtsanwälte – und letztlich einfach mehr Geld haben, auch im Verhältnis zu anderen weniger einsetzen müssen und sich geschickter durchmogeln auf Kosten der anderen, während diejenigen, die sich nicht gut genug im Paragraphenwald auskennen und sich nicht gut genug wehren können, geschröpft werden.

Für das Finanzamt und seine einzelnen Beamten ist es kein leichter Akt, als segensreiche Institution in der Öffentlichkeit anerkannt zu werden. Es wird dann ein Segen, wenn diese Behörde als Ethos die sozialverträgliche Gerechtigkeit aller im Blick hat und dies nach außen hin transparent machen kann.


Pfarrer Stefan Mai

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