Zahlt sich Treue aus?

Predigt zu Maleachi 3,13-22 (33.Sonntag im Jahreskreis C)

An die meisten Dinge gehe ich nicht blind heran. Ich frage mich: Was will ich erreichen, was muss ich dafür aufbringen? Irgendwie soll Aufwand und Ertrag in einem guten Verhältnis stehen. Es steckt in uns Menschen der Wunsch: Wenn ich Kräfte, Zeit, Geld, Überlegungen und Herzblut investiere, dann möchte ich auch einen gewissen Erfolg sehen dürfen, dann möchte ich das Gefühl haben dürfen, es war nicht umsonst.

Danach sehne ich mich im Berufsleben, danach sehne ich mich in Beziehungen, danach sehne ich mich in der Erziehung und wenn wir ehrlich sind, sehnen wir uns auch danach im Glauben. Das berühmte Buberwort "Erfolg ist keiner der Namen Gottes" ist wunderschön anzuhören, so recht schmeckt es mir aber nicht. Das klingt einfach ein wenig nach Vertröstung. Aber eigentlich sind das doch die größten Anfragen, die in uns gläubigen Menschen hochsteigen und die uns oft mürbe machen:

Was habe ich davon , wenn ich glaube? Was habe ich davon, wenn ich die Ellenbogen

einziehe? Was habe ich davon, wenn ich mich an die Gebote halte, was habe ich davon, wenn ich bete? Diejenigen, die es nicht machen, denen geht es auch nicht schlechter. "Frechheit zahlt sich aus" ,sagte mir erst kürzlich eine Frau enttäuscht. Gelegentlich kann man den Eindruck haben, dass unsere großen christlichen Spitzensätze und Verheißungen nicht mehr stimmen: Nicht die Barmherzigen bringen es zu etwas, sondern die Rücksichtslosen. Nicht die Friedfertigen, sondern die, die auf den Tisch hauen, die die Zähne zeigen und sofort prozessieren. Nicht die Gutmütigen, sondern die eiskalten Rechner sind obenauf.

Diese Fragen sind uralt. Schon im 5.Jh. bekommt sie der Prophet Maleachi zu hören, gerade von Frommen: Es ist ganz vergeblich, dass wir Gott die Treue halten. Was haben wir davon, dass wir seine Gebote befolgen und uns seinetwegen vom Treiben der Welt fernhalten? Wir sehen ja, wie gut es den Menschen geht, die sich nicht um Gott und seinem Willen kümmern. Sie sind reich und glücklich, obwohl sie böse sind. Als Seelsorger seiner enttäuschten Gemeinde versucht er, Antwort zu geben. Er weist auf den Tag hin, an dem die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen wird. Gott lässt sich nicht veräppeln, er führt auch gegen allen Anschein die Regie in dieser Welt und wird einmal alles richtig stellen und den sich redlich Bemühenden Gerechtigkeit widerfahren lassen. Die Treue halten lohnt sich! Diese Botschaft will Maleachi in die Köpfe und Herzen bringen.

Ich spüre: Diese Antwort genügt mir nicht. Ich möchte doch schon hier etwas erfahren. Ich möchte erfahren, dass mein Glaube schon hier zu einem gelingenden Leben , zu einem menschlicheren, glücklicheren Leben beiträgt.

Aber ich frage mich: Warum geht mich ausgerechnet die 3.Strophe des alten Liedes "Was Gott tut, das ist wohlgetan" so sehr an, wo es heißt: Was Gott tut, das ist wohlgetan, er ist mein Licht und Leben, der mir nichts Böses gönnen kann ich will mich ihm ergeben. Es kommt die Zeit, da öffentlich erscheinet, wie treulich er es meinet." Warum singe ich diese Worte so ergriffen wie kaum andere? Und ich spüre:

Auch ich komme über die Antwort eines Maleachi nicht hinaus. Ich spüre, dass es mich hinzieht zu ähnlichen Antworten, wie Maleachi sie fragenden Mensche gab. Ich spüre, dass mir heute die Frage der Gerechtigkeit viel wichtiger ist als früher. Ich weiß, dass in vielen Fragen erst die Geschichte das endgültige Urteil gesprochen und klargestellt hat, was richtig war, auch wenn die Betroffenen in ihrem Leben scheinbar nichts davon hatten. Ich weiß, dass viele offenen Fragen in einen viel größeren Sinnzusammenhang eingebettet sein müssen -über unser begrenztes Leben hinaus.

Ich weiß aber auch, dass ich mir eine Antwort als "Krücke" zum Leben geben muss, denn wer an einen Sinn trotz allem glauben kann, erträgt fast jedes wie. Ich weiß, dass es hier nur eine subjektive Antwort geben kann. Wenn ich mit ihr ehrlich leben kann und sie mich auch in allen Zweifeln trägt, dann kann ich damit nicht so falsch liegen. Wenn sie zu vorschnell gegeben wurde oder nur als vermeintlicher Tröster herbeigezerrt wurde, wird sie mich in Krisen nicht tragen. Sie wird durch das Leben weggeätzt und ich werde wieder von neuem auf die Suche gehen müssen.


Pfarrer Stefan Mai

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