Predigt zur Einführung des Stadtgebets in Schweinfurt

Nach den grausamen Flugzeug-Attentaten auf das World Trade Center in New York und auf das Verteidigungsministerium in Washington traf es Milliarden von Menschen ins Herz und die Anteilnahme von Menschen am Schicksal der Opfer und der Betroffenen lief wie ein einengendes Band um die Welt. In dem Gefühl der Ohnmacht und Wut, in den Stunden und Tagen nach dem Attentat, in denen Menschen deutlich spürten, wie zerbrechlich Frieden, Glück, Leben, Sicherheit und Wohlstand sein können haben Millionen von Menschen, selbst wenn sie sich noch so säkularisiert geben und säkular leben, die Gebetsatmosphäre in unsern Kirchen gesucht. Wie schon lange nicht mehr haben sich Menschen in den Städten in den Kirchen zusammengefunden, um bei meditativer Musik, Kerzenschein, mit Symbolen und gefalteten Händen Leid, Not, Angst und Probleme, die der Mensch nicht in den Griff zu bekommen scheint, ins Gebet zu nehmen. Auch in Schweinfurt platzte die Hl. Geist Kirche fast aus den Nähten, als die Christen der Stadt sich zum gemeinsamen Gedenk- und Friedensgebet zusammen fanden. Und das - ohne große Werbetrommel, ohne besonders aufreizende Gestaltung.

Stellen sie sich einmal vor, solche Gebetsatmosphären wären in unseren Städten keine Eintagsfliegen, sondern es wäre den Menschen ein ehrliches Anliegen, eine Gesellschaft, eine Stadt ohne großes Aufsehen erregen mit ihren großen Sorgen, ihren kleinen Nöten, ihrer Hoffnung und ihren Freuden regelmäßig ins Gebet zu nehmen.

Stellen Sie sich vor, Menschen unserer Stadt würden durch ein solches Gebet ständig zum Ausdruck bringen, dass das Wichtigste in unserm Leben, das Leben, das Vertrauen, die Liebe, Lebensglück und Glaube nie machbar ist sondern am Ende immer nur als Geschenk empfangen werden kann.

Stellen sie sich vor, Schweinfurter Christen würden durch ein solches Gebet Zeugnis in der Öffentlichkeit für ihre Überzeugung geben, dass Gebet Menschen, Atmosphäre, ja eine Stadt und Gesellschaft verändern kann.

Stellen sie sich vor, Menschen würden durch ein solches Gebet in einer Welt des harten Konkurrenzkampfes und des immerwährenden Leistungsstechens, wer ist der Bessere, regelmäßig zum Ausdruck bringen, dass sie allen, die hier in dieser Stadt leben und arbeiten, Gottes Segen wünschen.

Stellen sie sich vor, Menschen unserer Stadt würden - nicht nur, wenn es ihnen auf den Nägeln brennt - eine Tugend einer neuen Aufmerksamkeit entwickeln und einüben - und auch dann ein Zeichen der Gebetssolidarität setzen, wenn Menschen in Afrika verhungern oder in Lateinamerika gefoltert werden oder namenlosen Menschen Unrecht geschieht.

Stellen Sie sich vor, Menschen unserer Stadt würden kapieren, dass "Gleichgültigkeit und Desinteresse am Leid des anderen immer die ersten Formen der Gewalt" (Gandhi) sind und deswegen im Gebet ihr lebendiges Gewissen schlagen lassen.

Stellen sie sich vor, Christen aus den 9 Pfarreien unserer Stadt würden durch ein solches Gebet stärker als bisher zum Ausdruck bringen, dass sie sich über Pfarreigrenzen hinweg durch das Gebet verbunden wissen und auch stärker als bisher diese Zusammengehörigkeit als Christen in unserer Gesellschaft zum Ausdruck bringen wollen.

Stellen sie sich vor, dass dies in ganz einfachen Formen, ohne Leistungsdruck, mit Kerzen, Stille, Musik und Symbolen von Gruppen aus den verschiedenen Pfarreien getan wird und sich somit in der Stadt eine Gebetsstätte bildet.

Wenn Sie sich ein solches regelmäßiges Stadtgebet vorstellen können und meinen, dass es wichtig ist, in unserer Gesellschaft als Christen dieses Zeichen zu setzen, dann sind sie herzlich eingeladen, regelmäßig mit zu beten bei unserem Stadtgebet, das am Mittwoch, den 7. November um 20.00 Uhr zum ersten Mal in der Hl. Geist Kirche stattfindet und dann regelmäßig immer am 1. Mittwoch im Monat die Christen unserer Stadt zum Gebet ruft.


Pfarrer Stefan Mai

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